Eine Reminiszenz - das war die RBO Trophy 2020

von Christian Sch… 18/02/2021
Szenethema
Eine Reminiszenz - das war die RBO Trophy 2020

Eine Reminiszenz - RBO Trophy 2020 (www.rbo.at)

                                                                                                                      Von Gottfried Frais

Es war ein wunderschöner Samstagvormittag, am letzten August Wochenende 2020, in einem kleinen, beschaulichen Dorf im Weinviertel. Karl genoss sein Rentnerleben im Garten seines kleinen Einfamilienhauses und schaute gerade nach den Rosen, als er ein etwas ungewöhnliches, aber merkwürdig vertrautes, sonor grollendes Motorengeräusch vernahm, das sich rasch näherte.
„Eine Puch“ – und plötzlich wurden Erinnerungen wach, an die Zeit, als er mit seiner neuen 250er SGS, Dorfkaiser und Schwarm der holden Weiblichkeit war.
Schnell ging er in den Vorgarten, um zu sehen was da los war. Da zischte auch schon ein Puch-Oldtimer an ihm vorbei. Ehe er sich’s versah war schon die nächste Maschine da und noch eine und noch eine. Der typische Zweitakt-Ölgeruch lag plötzlich in der Luft und Karl befand sich mit einem Mal auf einer kleinen Zeitreise in längst vergangene Zeiten. Motorrad um Motorrad rauschte mit dem einzigartigen Geräusch einer Doppelkolben-Puch vorbei, dazwischen Mopeds und Roller. Woher kamen die plötzlich? Und warum hatte jeder eine Startnummer umgebunden? Und warum nur hatte er die alte 250er damals auf den Schrottplatz gebracht? Wie gerne hätte er sie in dem Moment aus der Garage geholt, um mitzufahren! Ein wenig jugendliche Leidenschaft und ein leichtes Kribbeln in der rechten Hand überkamen ihn so sehr, dass er kurzerhand einen gemütlich vorbeifahrenden Teilnehmer anhielt und fragte was da los sei.
Dieser erklärte: “Ich hab‘ keine Zeit, muss in 5 Minuten im Ziel am Korneuburger Hauptplatz sein“, und fuhr rasch weiter. Dies steigerte Karls Neugier so sehr, dass er sich kurz entschlossen ins Auto setzte um in Korneuburg „nach dem Rechten“ zu sehen. Staunend traf er dort auf viel freundliche MotorradfahrerInnen, mit denen er ins Gespräch kam, inmitten einer beachtlichen Anzahl alter Motorräder.

Er erfuhr, dass er mitten in die RBO Trophy geraten war, einer Wertungsfahrt für alte Motorräder, Roller und Mopeds, welche traditionell immer am letzten Samstag im August stattfindet. Mit einem genial einfachen Wertungsmodus, der allen Teilnehmern die gleichen Siegeschancen einräumt: Die Teilnehmer geben am Start eine ihrem Fahrzeug und Fahrkönnen entsprechende selbst gewählte Durchschnittgeschwindigkeit an. Wer die daraus resultierende Fahrzeit für die genau vermessene Fahrtstrecke am besten einhält, gewinnt.

Auf einem Tisch erblickte Karl 24 Stück, im Sonnenlicht funkelnde, für die Siegerehrung vorbereitete, Pokale. „Warum so viele?“, fragte er sich. Das wurde im klar, als er bei der Siegerehrung die vor Freude funkelnden Augen in den Gesichtern der Geehrten, der 8 verschiedenen Wertungsklassen sah, darunter auch einige Damen.

„Freude zu spenden und die Begeisterung für den Oldtimermotorradsport abseits reiner Geschäftsinteressen zu wecken, sind unsere Motivation so eine Veranstaltung  zu organisieren“, erfuhr Karl vom Juniorchef Thomas Stöckl und dessen Vater Hermann.

„Wie seid ihr auf die Idee gekommen und seit wann macht ihr das?“ bohrte Karl weiter.
„Diesen Wertungsmodus lernte ich bei der sensationellen Oldtimerveranstaltung Luft-Schiene-Straße Ende der 1980er Jahre in Mariazell kennen“, erklärte Altboss Hermann.
Die erste RBO Trophy fand dann 2001 in bescheidenem Rahmen statt, lieferte aber wertvolle Erkenntnisse für die nächsten Trophys.

Ein besonders „schlauer“ Teilnehmer der ersten RBO Trophy fuhr vom Start los und 3 Häuserecken weiter verlud er sein Moped in einen Lieferwagen und lud es knapp vor dem Ziel wieder aus. Auf die Sekunde genau passierte er die Zieldurchfahrt. Zu seinem Pech wurde er von der Nachhut, die eventuell liegen gebliebene Fahrzeuge wieder flott macht, beobachtet. Das hatte die Disqualifikation zur Folge. Seither gibt es auf halber Strecke einen Kontrollpunkt, der verpflichtend zu passieren ist.

Ein weiteres Charakteristikum der RBO-Trophy war von Beginn an, ein kultureller Aspekt. Der Zielort wird so gewählt, dass man ein Museum oder eine Ausstellung besucht, mit einer Affinität zu Fahrzeugen, historischen Motorsport-Veranstaltungen oder zu wichtigen Persönlichkeiten aus der Motorsportgeschichte.

Gebannt hörte Karl zu und wollte wissen „wo wart Ihr den schon überall?“

Leider reichte damals die Zeit nicht diese Frage sofort zu beantworten, deshalb hier ein kurzer Überblick: Einmal war es die Korneuburger Rennfahrerlegende Werner Bergold, die mit Filmausschnitten aus seiner aktiven Motorradzeit und den Erlebnisberichten von Zeitzeugen in Erinnerung gerufen wurde.

Ein anderes Mal, 2018, war der Zielort die Stadt Traisen in Niederösterreich, der Heimatstadt des einzigen österreichischen Motorrad-Weltmeisters Rupert Hollaus, in der Klasse bis 125ccm, der 1954 auf tragische Weise bei einem Unfall in Monza ums Leben kam. In einer Sonderausstellung zu seinen Ehren bekam man einen Überblick über die beeindruckende, aber viel zu kurze Karriere dieses außergewöhnlichen Motorsportlers.

2017 stand ein Highlight auf dem Programm. In der kleinen Gemeinde Ziersdorf feierte man das 50-Jahr-Jubiläum der ersten österreichischen Tourist-Trophy, die von 1967 bis 1973 auf einem Straßen-Rundkurs fünf Mal ausgetragen wurde. Auf diesem Rundkurs absolvierten die Teilnehmer der RBO-Trophy eine Wertungsfahrt über 3 Runden. Über die Geschichte dieses Straßenrennens gab es eine interessante Ausstellung mit Fotos, Dokumenten, Plakaten und einer Reihe, von damals zum Einsatz gekommenen, Rennmaschinen.

Weitere RBO-Trophys führten in das bekannte Eisenbahnmuseum in Straßhof bei Wien, ins Motorradmuseum Krems-Egelsee oder ins Fahrradmuseum von Retz, nahe der tschechischen Grenze.

Zwei Mal war die RBO-Trophy in Laa an der Thaya zu Gast. Die TeilnehmerInnen versammelten sich am Hauptplatz, wo sie vom Bürgermeister und Vertretern der Stadt begrüßt wurden. Professor Horst Stowasser, der viele Beiwagenrennen auf seiner BMW bestritt und gewann, ließ in einem Vortrag den Geist der 50er Jahre und der damals veranstalteten Motorradrennen wieder aufleben. Im Anschluss fuhren alle Teilnehmer, mit ihm, seiner infernalisch lauten Renn-BMW, unter Polizeibegleitung über den historischen Rundkurs, auf dem von 1954 bis 1961 Staatsmeisterschaftsläufe ausgetragen wurden. Ziel war die Hubertus-Brauerei mit anschließender Führung durch die Produktionshallen.

Auch beim zweiten Besuch in Laa fuhr man ebenfalls 2 Runden auf dem historischen Rundkurs, anschließend aber ins äußerst sehenswerte Kutschenmuseum, in dessen Besitz sich eine Reihe von ganz besonderen Kutschen-Unikaten befinden. Auf seine Art ist dieses Museum ebenfalls ein bemerkenswertes Unikat.

Apropos Unikate. Solche findet man auch im Teilnehmerfeld der RBO-Trophy, in einer beeindruckenden Vielfalt. Die schier unüberschaubare Typenvielfalt von Puch-Mopeds und Motorrädern bietet dafür die besten Voraussetzungen. Man bekommt Motorräder aus der Zwischenkriegszeit zu Gesicht, z.B. eine Puch 250 Sport, eine S4 oder eine der raren Puch 800 mit dem 170°4-Zylinder-V-Motor, und eine ganze Armada von Puch TF, SG, SGS, SV, sowie Mopeds und Mofas in allen Varianten.

Auch zahlreiche andere Marken sind immer wieder vertreten, wie BMW, HMW, Lohner, KTM aus den 50er-Jahren,  AJS, BSA, Jawa, Horex, Norton, Triumph, Matchless, Ducati, Gilera, Vespa, Bultaco, NSU, DKW, Exoten wie Meister oder Condor. Altehrwürdige Veteranen, im unrestaurierten Originalzustand - Motorräder und Fahrer - mit der Patina abwechslungsreich durchlebter Jahrzehnte, sorgen für ehrfürchtiges Staunen, Aufmerksamkeit und Interesse.

Die Vorfreude auf die Jubiläums-Trophy wurde Anfang 2020 durch die dramatischen, aktuellen Ereignisse jäh gedämpft und wochenlang war es nicht sicher, ob sie stattfinden kann. Zum Glück blickte man mit Zuversicht in die Zukunft und hielt am geplanten Termin fest.

Bis in den Sommer hinein gab es so gut wie keine Veranstaltungen oder offizielle Ausfahrten.

Umso größer war daher das Interesse an der 20. RBO-Trophy, im Jahr 2020. 130 Fahrzeuge – so viele wie noch nie zuvor – nahmen daran teil.

Es waren daher auch besonders viele seltene, sehenswerte, bestens gepflegte und restaurierte Oldtimer am Start. Bei idealem Motorradwetter wurde eine 80 km-Runde durch das wunderschöne und malerische Weinviertel gefahren, die im Gastgarten eines Weinkellers und Restaurants, wo auch die Siegerehrung über die Bühne ging, ihren würdigen Ausklang fand.

Wie sehr das Ziel, Emotionen, das Interesse und die Begeisterung für Puch-Zweiräder und Oldtimer-Motorräder zu wecken erreicht wurde, zeigt sich u.a. daran, dass Teilnehmer aus allen Teilen Österreichs oder aus dem benachbarten Ausland, Deutschland, Tschechien, Ungarn und auch aus Polen anreisen.

Egal wie sich die Dinge weiter entwickeln, die RBO-Trophy wird es weiterhin geben. Sie hat sich in 2 Jahrzehnten als wichtige Veranstaltung der Oldtimer-Szene etabliert und ist für viele Motorrad-Liebhaber und Enthusiasten zum Fixpunkt im Kalender geworden. Freundschaften werden gepflegt oder geschlossen, Kontakte geknüpft, Erfahrungen ausgetauscht und gemeinsam wird die Liebe zu Puch und andere, zum Teil längst verschwundene Zweiradmarken, am Leben erhalten.

Auch bei Karl hat der Klang und der Benzin-Öl-Geruch wieder die Leidenschaft für Puch-Oldtimer geweckt und er hat die alten Fotos seiner 250er rausgesucht. Jetzt überlegt er, wie er es schaffen könnte, bei einer der nächsten RBO-Trophy dabei zu sein und gegen die Uhr um einen Pokal zu kämpfen.

RBO-Stöckl, Restaurierungsbedarf für Oldtimermotorräder - www.rbo.at

1995 hatte Hermann Stöckl, Ingenieur und  Puch-Begeisterter, seinen Beamtenjob an den Nagel gehängt und begonnen mit Ersatzteilen für Oldtimermotorräder, in erster Linie für jene der Marke Puch, zu handeln. Das war der Beginn der Firma RBO-Stöckl, in der Garage des Privathauses, in Korneuburg bei Wien. Im Sommer 2020 wird er sich in den verdienten Ruhestand begeben und die Geschäftsführung der Firma an seinen Sohn, Thomas Stöckl, übergeben.